Ausflug zum 3D-Bogenschießen nach Rothenburg

Um uns die Zeit bis zu unserem nächsten Karate-Training etwas zu verkürzen, fuhren wir am Samstag, den 4. November 2023, nach Rothenburg in die vorgeblich größte Bogenhalle weit und breit. Dort wollten wir unter Beweis stellen, dass die „leere Hand“ tatsächlich die Wurzel aller Kampfkünste ist und uns einen Nachmittag lang dem Bogenschießen widmen, wobei – nur am Rande erwähnt – Fachleute keine Bögen schießen, sondern Pfeile mittels Bögen abfeuern.

Als Ziele standen uns anders als im feudalen Japan, wo durchaus auch mal umherlaufende Hunde als Beutetiere für Bogenschützen Verwendung fanden, aus Kunststoff gefertigte, lebensnahe 3D-Nachbildungen von Vertretern der heimischen Fauna zur Verfügung, wie Fuchs, Wildschwein, Biber, Krähe, Vielfraß oder Eisbär … Wir als Kampfkünstler freuen uns natürlich über zusätzliche Erschwernisse, die wir an jenem Herbstnachmittag in Form von musikalischer Dauerbeschallung und bunten Lichtern annahmen.

Nach einer kurzen Einweisung in die Handhabung von Punkteliste, Pfeil und Bogen teilten wir uns in eine Gewinner- sowie eine Verlierergruppe auf, nahmen die ersten Kreaturen ins Visier und verschossen aus stehender oder kniender – doch stets eleganter – Haltung jeweils drei Pfeile pro Kopf und Station. Mit schlichten Treffern allein gaben wir uns selbstverständlich nicht zufrieden, weswegen wir zudem kunstfertige Bumerang-, Bogenlampen- oder Bodenschlitterschüsse von der Sehne ließen. Beschmuh durch Übertreten der deutlich zu erkennenden Abstandsmarkierung kam fast gar nicht vor, fast …

Wie unsere archivierten Punktelisten bestätigen, zeigten wir erfolgreich, dass Karateka auch mit dieser Waffe umzugehen vermögen, jedenfalls mit etwas Übung (oder manchmal noch etwas mehr Übung).

 

Im Anschluss ging es in die örtliche Pizzeria, wo eine zweite Aufgabe in Form von sehr großen belegten und gebackenen Teigscheiben auf uns wartete. Damit klang dann unser – und darin waren wir uns einig – toller Abstecher in die östlichste Kleinstadt Deutschlands aus. (Henning)


Herbstlehrgang 2023 – ein Gedicht

Verwundert angesichts von weit gereisten Gästen
Erschien in diesem Jahr der Turm am hohen Stein:
Umgeben ringsherum von Bergen; Königshain.
Für uns mit großem Ziel es geht nun nach Nordwesten.

Solch Wochenenden sind gewiss mit von den Besten!
Wer mag zu dieser Zeit nicht Karateka sein?
Hier fernbleiben kann wohl die Sonne ganz allein;
Wenn nach Genuss der Tat wir satt im Grünen resten.

Nach Trainingsstunden (acht!) mit Blick auf Becken, Tritte
Im glänzenden Gesicht steht allen: Es war schön!
Drum bleibt auch dieses Mal zum Abschied nur die Bitte:

– Als wir am Hallentor noch beieinanderstehen –
Kehrt doch im nächsten Herbst zurück in unsre Mitte.
Bis dahin freun wir uns schon auf das Wiedersehn!



Wir bedanken uns bei Gladys und Bernard Mathieu, die vom 22. bis 24. September 2023 die lange Reise aus Frankreich zu uns nach Niesky auf sich genommen haben, bei allen Helfern und beim „Deutsch-Französischen Bürgerfonds“ (www.buergerfonds.eu) für die freundliche Förderung! (Sophie)


In achtzig Tagen nicht um die Welt, sondern zum zwanzigsten Gasshuku

Phileas Fogg, exzentrischer Held eines weltberühmten Romans von 1872, trat aufgrund einer Wette seine abenteuerliche, achtzig Tage dauernde Reise um den Erdball an. Als wir 2003 mit den Planungen für unser allererstes Gasshuku im Folgejahr begannen, geschah dies mitnichten mit den Anreizen Geld zu gewinnen oder zwei Dekaden später behaupten zu dürfen, zusammengerechnet achtzig Tage Gasshuku erlebt oder dem Wortsinn nach eher gelebt zu haben; nein, es geschah mit dem Ziel, unsere Karate-Übung in Niesky voranzutreiben und unseren Mitgliedern – zumindest jenen, die exzentrisch genug waren und sind, sich auf solch ein Abenteuer einzulassen – eine im besten Fall jährlich wiederkehrende Möglichkeit zu schaffen, sich vier Tage lang über ihr normales Üben hinaus noch intensiver mit unserer Kampfkunst befassen zu können.

Während Fogg für seine Erdumrundung auf die damals neusten technischen Errungenschaften setzte, nutzen, ergründen und verbessern wir auf unserem Karate-Weg, den wir vom 3. bis 6. August 2023 am Wolziger See in Brandenburg beschritten, ein urzeitliches Instrument – unseren eigenen Körper mit allem, was da so von Natur aus drinsteckt. In den vormittäglichen Einheiten in der angenehmen Halle sowie von Freitag bis Sonntag zusätzlich unter mehr oder minder freiem Himmel und mit Holzsäbeln bewehrt lautete mein Plan, unsere Karate-Körper zu verfeinern (oder wenigstens grob ins Lot zu bringen). Dabei lernten und übten beide Partner zugleich, was insbesondere unter ihrer Haut vonstattengehen sollte, um einerseits ihren Tsuki (Fauststoß) und andererseits ihr Uke (Annehmen) zu verbessern. Jeder – also das war mein Eindruck – begriff, dass in unserem Karate, dem Karate von Meister Harada Mitsusuke, eine der beiden Seiten kein Dasein als eine bloße Art von Boxsack zu fristen hatte, sondern ihr technisches Vermögen tatsächlich mithilfe der den Stoß ausfeilenden Seite auszubauen vermag.

Wundersam erscheint mir, in welchem Ausmaß dieses besondere körperliche Wissen doch in meinem eigenen Körper Wurzeln schlagen konnte. Um es zu hegen und zu pflegen, wachsen und gedeihen zu lassen, sind meine fleißig übenden und aufnahmefähigen Trainingspartner unerlässlich. Unser Gasshuku gestattete diesbezüglich wieder etwas stärker gebündelte „Kommunikation“ – so umriss Meister Harada Übungsvorgänge im orthodoxen Shōtōkan-Ryū –, die hier und da auf fruchtbaren Boden fiel. Wie so oft musste ich mir allerdings die Frage stellen, ob ich zu viel Stoff im Gepäck hatte oder ob die Zeit für den gepackten Stoff zu knapp war …

Jedenfalls war angedacht, insbesondere „Stufe 1“ und daraus hervorsprießend „Stufe 2“ für den Tsuki genauer unter die Lupe zu nehmen. Dieses Vorgehen schien anfangs zu klappen, wurde dann aber beim Hinzufügen der Herausforderung des Lesens des Partners durch die verflixte „Stufe 4“, die diesmal eigentlich nicht gesondert geübt werden sollte, gehemmter. Dadurch waren ein paar Anpassungen im ursprünglichen Trainingsplan unausweichlich. Wir ritten folglich länger auf dem Oi-Zuki herum, anstatt zugleich die Uke in der Bewegung zu üben. Nun hoffe ich natürlich, dass sich so zusätzlich ein besseres Verständnis bzw. Körpergefühl für den richtigen Einsatz der „Stufe 4“ erschlossen hat. All diese Punkte wurden zum Auftakt unseres Gasshuku in Form von Taikyoku, einer grundlegenden Solo-Kata, zur Erinnerung aufgezeigt, erprobt und geübt. Partnertraining erschwert nichtsdestoweniger ihre Umsetzung und ihr bewusstes Verinnerlichen. An den Folgetagen befassten wir uns zudem mit den Kata Kankū und Shūji no Kon sowie einer individuell frei gewählten Kata.

Drei von vier nachmittäglichen Einheiten nutzten wir zur Arbeit an und mit den Gyaku-Te (verdrehenden Techniken) am Donnerstag, Sanjaku-Bō (Drei-Fuß-Stöcken) am Freitag sowie Nage-Waza (Wurftechniken) am Samstag, was dank vorhandener Turnmatten ohne größere Schäden – auf eine lädierte Zehe mehr oder weniger kommt es ja nicht an – gelang. Zum Vergleichen und besseren Verstehen betrachteten wir dabei zusätzlich frühe Quellen aus unserer Karate-Linie, die teilweise über hundert Jahre alt sind. (Noch ältere Lehrbilder sind bislang im Karate insgesamt unbekannt.)

Hier lag das Hauptaugenmerk zunächst auf der groben oder eher äußerlichen Mechanik, weniger auf den subtilen Elementen unseres Karate, die natürlich Schritt für Schritt hinzugefügt werden sollten. Jenen letzten Gedanken im Hinterkopf zu behalten ist deswegen wichtig, weil Meister Harada seine besondere Art von kampfkünstlerischer Kraft (Bu-Chikara) selbstverständlich ebenso beim Einsatz dieser oder jener Gyaku-Te oder Nage-Waza wirkmächtig entfaltete und uns auf diese Weise ein technisches Zwischenziel vorgab. Schließlich drehte sich in unserer letzten sonntäglichen Einheit neben persönlichen Lieblingsformen alles um den Kampfstock (), wobei wir selbigen ebenfalls um uns selbst drehten. „Stufe 1“ und „Stufe 2“ wie wir sie uns konzentriert während der vergangenen vier Vormittage erarbeitet hatten, sollten nunmehr auch auf den Stock übertragen werden, bevor wir mit dem mit Stock bestückten Partnertraining (Kumibō) endeten.

Abendliche, die Praxis ergänzende Vorträge fehlten auch bei unserem zwanzigsten Gasshuku nicht. Bald nach dem ersten, aber nicht zwingend besten Abendbrot widmeten wir uns dem interessanten und schwierigen Thema der Möglichkeiten und Grenzen von Deeskalation. Meister Funakoshi umschrieb die Grundlagen hierfür mit dem Ausdruck „ruhiges Betrachten“ (Seikan) und ich erlaube mir, meine Übersetzung seines entsprechenden Aufsatzes zum erstmaligen oder wiederholten Nachlesen zu empfehlen („Band I", S. 60 ff.). Unser zweiter Vortrag im Dämmerlichte informierte über das „Shōtōkan-Bubishi“ und wie diese vier Textstücke die Lehre, Taktik und zum Teil die Technik des Funakoshi-Karate unterstützen. Dabei wies ich unter anderem auf Schwierigkeiten bei der Übersetzung und beim Verständnis der ursprünglich wohl in chinesischer Sprache verfassten Niederschrift hin. Für mich ist insbesondere das Lehrgedicht „Die großen acht Hauptverse der Faust“ ein prächtiges Zeugnis der heute selten gewordenen Verquickung von feiner Kunst und Kampfkunst („Band III“, S. 2 ff.). Schließlich erörterten wir zum Ausklang des dritten Tages das verzwickte Thema Sprache und Karate.

Und sonst so?! Von pittoresken Kiefern gesäumt waren unsere auf einer Anhöhe befindlichen, für ein Gasshuku gewissermaßen viel zu luxuriösen Unterkünfte. Kiefern bilden sicherlich einen passenden Rahmen für unser Karate-Treiben, weil sie Namensbestandteil unserer Strömung sind: Shōtōkan-Ryū („Strömung aus dem Gebäude der Kiefernwoge“). Wenn es nicht gerade regnete, regenerierten wir beim Beachvolleyballspielen („wir“ meint diejenigen, die sich nicht gerade eine weitere ihrer Zehen lädiert hatten), schwammen im erfrischenden (lies: eiskalten) und teilweise kratzenden Nass des Wolziger Sees, retteten dann und wann Insekten, wurden von Insekten attackiert, machten Insekten unbeabsichtigt oder beabsichtigt platt, betrachteten die wiederum uns ambivalent beobachtenden Augenpaare von anno 2006 vermeintlich im Namen der Kunst fotografierten Jugendlichen, verärgerten (verscheuchten) friedlich vor sich hin dösende Gänse, trugen Schlüssel von A nach B und dann wieder nach A, stellten fest, dass zum Aufschließen von Zimmern Schlüssel notwendig sind (auch noch nach Sonnenuntergang), oder legten Plakate von nunmehr zwanzig Gasshuku unseres Vereins neben- und untereinander, was mich zu der Erkenntnis brachte, dass zwanzig Gasshuku achtzig Tagen entsprechen, was mich sodann an den eingangs erwähnten Roman erinnerte, weswegen ich ihn mal in diesem Bericht anschneiden wollte …

Fogg besiegte im Buch die Zeit mithilfe der Datumsgrenze. Für uns hingegen bleibt festzuhalten, dass die Zeit zu schnell verging, wir eigentlich zu wenig Zeit für alle karatetechnischen Vorhaben zur Verfügung hatten (Asche auf mein Haupt!) und hoffentlich künftig Zeit für ein weiteres Gasshuku zur Verfügung stehen wird. Danke an unsere Fahrer, André und Phillip, und Danke an alle fürs Mitkommen und Mitmachen! (Henning)


Unser Bō-Lehrgang mit Henning Wittwer 2023

Frühjahr 2023. Für uns Nippon-Nieskyer bedeutet das neben blühenden Bäumen, länger hellen Tagen und milderen Temperaturen auch das Hinfiebern auf bewaffnetes Training mit dem Stock. Am letzten Märzwochenende hielten wir deshalb unter Hennings Leitung wieder unseren jährlichen -Lehrgang ab. Zu unserer Vereinsrunde gesellten sich vier bekannte und interessierte Gesichter aus Dippoldiswalde, Ilmenau und Seifhennersdorf und so konnten wir uns in bester Stimmung in unseren vier Einheiten am Sonnabend und Sonntag dem Thema Stock im Shōtōkan widmen.

 

Geplant war zwar das geplante Ablaufkonzept der beiden Gruppen A (für Shūji no Kon) und B (für Sakugawa no Kon). Eine eher einsteigerfreundliche Gruppe A war in diesem Jahr allerdings nicht notwendig, denn für alle Teilnehmer war es nicht der erste Stocklehrgang in Niesky. Deshalb nutzten wir unsere Zeit vollumfänglich für die Kata Sakugawa no Kon.

 

Geplant war zwar das geplante Ablaufkonzept der beiden Gruppen A (für Shūji no Kon) und B (für Sakugawa no Kon). Eine eher einsteigerfreundliche Gruppe A war in diesem Jahr allerdings nicht notwendig, denn für alle Teilnehmer war es nicht der erste Stocklehrgang in Niesky. Deshalb nutzten wir unsere Zeit vollumfänglich für die Kata Sakugawa no Kon.

 

Also „schlüpften wir unter dem Stock hindurch“ und versammelten uns gelegentlich an der Tafel und vor aufgehängtem Bildmaterial, das die alten Lehrmeister in Aktion zeigte. Hauptsächlich übten wir aber den Ablauf der Sakugawa no Kon und betrachteten intensiv das Kumibō, die Anwendung der in der Kata vorkommenden Bewegungen gegen einen Gegner.

 

Und nicht nur das: Dem Erhaschen des Stocks (Bō-Dori) nahmen wir uns auch an. Hier orientierten wir uns wieder an Funakoshi Gichins fünf Techniken zum unbewaffneten Abwehren von Stockangriffen.

 

Wir als KDS-Übende hatten zudem den Bonus, den Stock und sein Gewicht für unsere Körperstruktur zu nutzen. Wenn sich die Leute fragen, was denn überhaupt das Üben mit dem Stock in der heutigen Zeit verloren hat, dann können wir uns nur denken, dass dies allein schon Grund genug ist, immer den Stock in greifbarer Nähe zu haben, natürlich neben der ausgezeichneten Funktion als Waffe zur Verteidigung und der Zugehörigkeit des Stocks in das Shōtōkan-Lehrgebäude.

In unserer Mittagspause testeten wir, ob dem örtlichen „Asiaten“ sein Umzug vom Imbisswagen in eine feste Lokalität gelungen ist. Ich finde, ja, das ist es. Da die Nieskyer gastronomischen Spitzenköche üblicherweise bereits schon früher am Abend in Ihren wohlverdienten Feierabend schreiten, und wir uns im Restaurant nicht mehr hetzen lassen wollen, bestellen wir uns neuerdings am Sonnabendabend unsere Pizzen in die Halle, um dort in gemütlicher Runde und ohne Hast beisammen zu sein.

 

Jeder steuerte für sich und die anderen Snacks und Getränke bei, und auch unsere Gäste von außerhalb halfen der lokalen Getränkeindustrie beim Generieren etwas mehr Umsatzes. Vielen Dank dafür! Generell möchte ich besonders in diesem Jahr die Harmonie und gute Stimmung beim Lehrgang lobend erwähnen. Danke an die fleißigen Helfer, an Henning fürs Programm und an alle Teilnehmer. (Rico)