Herbstlehrgang mit den Mathieus 2019 in Niesky

Vom 20. bis 22. September 2019 beehrten uns mit Bernard Mathieu, dem trainingsältesten Schüler von Mitsusuke Harada, und seiner Frau Gladys erneut zwei an Können und Wissen in unserem Karate reiche Freunde und Mentoren aus Reims, Frankreich. Trotz ihres doch schon fortgeschrittenen Alters und ihrer kurz zuvor unternommenen Japanreise ließen sie es sich nicht nehmen, unseren jährlichen Herbstlehrgang in Niesky zu leiten. Schon auf der Fahrt vom Flughafen Dresden konnten wir erste Neuigkeiten rund um unser Karate austauschen. Für uns ist es wichtig, hier vor Ort gemeinsam von den Mathieus lernen zu können, da wir in Deutschland tatsächlich die einzige Gruppe sind, die das Karate von Herrn Harada ausübt und pflegt. Wie üblich war der Sinn des Lehrgangs, dass wir durch die vermittelte Vielzahl an Übungs- und Verbesserungsvorschlägen eine Perspektive für unser zukünftiges Training erhalten.

Los ging’s wie immer am Freitagabend. Neben einigen grundlegenden Inhalten standen teilweise auch sehr anspruchsvolle Partnerübungen auf dem Programm, die die Handhabung unterschiedlicher Distanzen und den punktgenauen Einsatz bestimmter Muskelketten betrafen. Aufgrund dessen wurden manchmal Grüppchen nach Fortschrittsgrad gebildet, um diese entsprechend mehr oder weniger komplex durchzuführen. Dabei gab es viele Demonstrationen der Mathieus zur Veranschaulichung, viel zu Fühlen und viele Erläuterungen, insbesondere von Bernard Mathieu.

Nach dem freitagabendlichen Keiko stärkten wir uns in der Pizzeria für den nächsten Tag, der trainingstechnisch nahtlos an den vorangegangenen Themen anknüpfte. In der Mittagspause waren diesmal zwei Grills (in chronologischer Folge) erforderlich, um einen Teil der Nahrung zu erhitzen, wobei die Wartezeit mit kalten Genüssen locker überbrückt werden konnte. Gekräftigt ging es danach in die zweite samstägliche Trainingseinheit, in der an der Kata des Wochenendes, Shōkyō (Jīn), und Aspekten wie dem Abstand oder auch den Muskelketten weitergefeilt wurde.

Am Samstagabend begutachteten wir den Erlichthof in Rietschen. Besonders die zwecks Wollgewinnung gehaltenen Alpakas dürften vielen im Gedächtnis hängengeblieben sein, zumal uns deren Hirtin auch noch im Zwielicht auf ein Foto zu bannen vermochte. Ausklingen gelassen hatten wir jenen Abend im Restaurant „Naturhof“.

Am Sonntagmorgen startete dann schon das letzte Training des Wochenendes, in dem noch einmal auf individuelle Schwierigkeiten einzelner Teilnehmer eingegangen wurde. Und ähnlich schnell wie dieser Bericht endete auch unser Herbstlehrgang 2019 mit dem Versprechen auf ein Wiedersehen in Niesky. Erwähnenswert ist schließlich, dass unser Wochenende vom Freistaat Sachsen finanziell gefördert wurde, so dass alle kostenlos teilnehmen konnten. Darüber durften wir uns zusätzlich freuen. Danke an alle Helfer fürs Halle-Vorbereiten, Fahren, Grillen, Einkaufen und Finanzkram-Erledigen! (Henning)


Unser Gasshuku 2019 am Werbellinsee

Anfang August war es wieder soweit. Ein Sommer neigt sind dem Ende zu, und als krönenden Höhepunkt dessen veranstalteten wir, wie jedes Jahr, ein weiteres Gasshuku. Im Vorfeld gab es einen unangenehmen Dämpfer, da es sich anbahnte, dass André kurzfristig nicht mitkommen konnte. Nach einer Umplanung war es ihm letztendlich doch möglich, mitzukommen, sodass nicht nur alle Teilnehmer dabei sein konnten, sondern auch ein Stück Tradition bewahrt blieb.

Am Morgen des 8. August 2019 trafen sich die Ansässigen aus Niesky und Umgebung in allbekannter Früh am üblichen Treffpunkt, während unsere Auswärtigen ihre Anreise per Bahn bewerkstelligten. Als wir am Werbellinsee eintrafen, kamen wir ohne Umschweife nach einem angenehm ruhigen Frühstück zum ersten Training.

Das Trainingsthema dieses Jahres war der Rumpf, was theoretisch einfacher klang, als es in der Praxis umzusetzen ist. Angefangen haben wir damit, die Schultern zu heben und kreisend fallen zu lassen, um Sie dann wieder anzuheben und fallen zu lassen. Ziel ist es, neben den entspannten Gelenken, die Muskelkette zu aktivieren. Hierbei sind körperliche Nuancen zu unterscheiden. Es lässt sich nicht so einfach beschreiben ...

Während wir uns im Vormittagstraining mit unserer Körperstruktur befassen, nimmt sich Henning zum Nachmittagstraining Themen heraus, welche mehr anwendungstechnischer Natur sind. Dieses Jahr waren es Gyaku-Te, Partnerübungen mit Sai oder auch der Umgang mit dem Sanjaku-Bō (ca. 90 cm langer Stock). Wie im Vorjahr hatten wir mit einer Mattenknappheit auszukommen; lediglich die größeren, weicheren Matten waren auffindbar. Dies hielt uns aber nicht davon ab, die Übungen zur Gänze auszuführen. Gleiches gilt für die grundlegenden Schlagübungen mit dem Sanjaku-Bō, bei denen wir etwas zu improvisieren hatten.

Auch die Abendvorträge waren, wie üblich, interessant und informativ. Das Thema zum Donnerstag, gesundheitliche Aspekte, gibt mir z. B. hinsichtlich der Ernährung auch jetzt noch sehr zu denken. Die „kampfkünstlerische Kultur Ryūkyūs“ zeigte Aspekte der damaligen Sitte, welche aufschlussreich waren. Und bei den Prüfungsabhandlungen der hochgraduierter deutscher Sport-Karate-Trainer hätte man meinen können, dass die Inhalte schlechte Witze seien, so dass man sich zuletzt nur an den Kopf greifen konnte.

Dieses Gasshuku hatte auch eine nostalgische Komponente. Zum ersten Mal seit Jahren waren (fast) alle wieder in einem Zimmer untergekommen. Vielleicht kann man daher davon absehen, dass es auch dieses Jahr wieder keine ordentlichen Matten gab, Bärbel nur am Donnerstag da war und der Reinigungsservice, nun, wohl erst selbst anzureisen hatte.

Als Teilnehmer, stellvertretend im Namen der anderen Teilnehmer, möchte ich Henning für Inhalt, Organisation (für die auch André mein Dank gilt) und Durchführung als auch für die Anregung zum weiteren Verfolgen des behandelten Inhalts, sowohl im Training als auch die Vortragsinhalte, danken. Mit großer Vorfreude erwarte ich schon den nächsten Sommer. Zusätzlich hoffe ich, dass mein kurzer Bericht zur Reflektion anregt, oder aber die Teilnehmer bei größerem Interesse direkt zu fragen. (Phillip)


Die leere Hand ist die Wurzel aller Kampfkünste – unser Shōtōkan-Stock-Lehrgang 2019 mit Henning Wittwer

Am ersten Märzwochenende begrüßte unser Verein eigene Mitglieder sowie wie im letzten Jahr zahlreich aus der Fremde erschienene Gäste zum von Henning geleiteten Stocklehrgang 2019. Zwei Kata bildeten dabei den Schwerpunkt: die grundlegende Shūji no Kon für „Gruppe A“ und die fortgeschrittene Sakugawa no Kon für ebenso fortgeschrittene Übende mit dem Stock in „Gruppe B“. Für unsere Mitglieder lag der Fokus dabei auf drei wesentlichen Punkten:

  1. dem Erlernen und Festigen des Ablaufs der jeweiligen Kata,
  2. dem Übertragen und Anwenden der im wöchentlichen Training gelernten Körperstruktur auf das Waffentraining,
  3. Partnerübungen, um die in den Kata vorkommenden Bewegungen anzuwenden und deren Sinn zu verstehen.

Der Ablauf sollte dabei nicht stumpfsinnig durchgegangen werden. Wert gelegt wurde auf korrekt ausgeführte Bewegungen.

 

Die Übertragung der Bewegungen der „leeren Hand“ auf Bewegungen mit dem Stock ist ebenso in die andere Richtung zu sehen. Durch Waffentraining macht man nicht plötzlich eine andere Kampfkunst, sondern es gehört zum Karate genauso wie die „leere Hand“, dementsprechend kann eine Stock-Kata so geübt werden wie eine „leere-Hand“-Kata.

Bei den Gästen aus anderen Vereinen betonte Henning, dass sie sich nicht unsere Stände und Bewegungsarten aneignen müssen, sondern sie die Übung mit dem Stock so vollführen sollten, dass es in ihr individuelles Training passt, eben nicht parallel trainiert wird, sondern ergänzend.

Die Partnerübungen beinhalteten zum Großteil das Verteidigen mit dem Stock gegen Stockangriffe durch Anwenden bestimmter Bewegungen aus der jeweiligen Kata. Dabei wurde meistens von Idealsituationen ausgegangen, nämlich ein Angriff des Partners und das schlagende oder werfende Verteidigen. Im Laufe des Wochenendes zeigte Henning Möglichkeiten, wie man einem sich anpassenden und gegensteuernden Gegner entgegensteuernd begegnet und sich seinen Druck zunutze macht (Henka). Der Sinn liegt darin, Bewegungen der Kata nicht nur anzuwenden, sondern sich auch notfalls veränderten Umständen anzupassen. Als höchste Form der Verteidigung übten wir auch unbewaffnetes Abwehren gegen gegnerische Stockangriffe (Bō-Dori).

In theoretischen Abschnitten wurde uns die Herkunft der Kata, die Zusammenhänge zwischen „leerer Hand“ und Waffentraining, die Veränderung der Bedeutung des Stockes im Shōtōkan mit fortschreitender Zeit und die mögliche Eingliederung des Stockes in das Shōtōkan-Lehrgebäude erklärt.

Abseits des Trainings beschlossen viele Teilnehmer die Mittagspause und ein gemeinsames Abendbrot in der Pizzeria mit uns zu verbringen. Mittags erlagen viele, aber längst nicht alle, den kulinarischen Genüssen des örtlichen Asia-Imbisses; abends im Restaurant staunten wir über einen für kaum möglich gehaltenen hohen Geräuschpegel vom Nachbartisch. Wie schon im letzten Jahr haben die zahlreich angereisten Mitglieder der Bedeutsamkeit des Lehrgangs, aber auch den Restaurants und Herbergen und damit der Wirtschaft Nieskys gut getan. (Rico)