Das Gasshuku 2016 am Werbellinsee

Im Terminkalender des 1. Nieskyer Karatevereins ,,Nippon Niesky“ e. V. führt nichts an drei Großereignissen – man könnte sie als Grand Slams des Karate bezeichnen – vorbei. Neben dem Stock- und Herbstlehrgang wird im Sommer ein weiterer, am längsten andauernder und trainingsintensivster Höhepunkt erreicht – das Gasshuku.

 

Sieben Mitglieder starteten am 18. August 2016 vor dem Sonnenaufgang, um bis zu ihrer Heimkehr am Abend des 21. August 2016 gemeinsam Karate zu trainieren. Widersprüchliche Straßenführung mochte nicht verhindern, dass mehr oder weniger pünktlich um 8:30 Uhr mit dem ersten Training begonnen werden konnte. Es mag lohnenswert sein zu erwähnen, dass das Gasshuku an den Werbellinsee zurückgekehrt ist. Für manch einen das erste Mal, für andere wiederum sehr vertraut, bot diese Trainingsumgebung genug Stoff für endlose und doch nie langweilende Gespräche über Vorteile und Nachteile der Unterkunft sowie positive und negative Veränderungen gegenüber vergangener Besuche. Der Trainingstag gliederte sich in zwei je dreistündige Einheiten am Vormittag und Nachmittag; ergänzt durch frühmorgendliche Übungen mit dem Bokutō und Vorträge am Abend.

Das KDS-Training, wie es die Mitglieder unseres Vereines kennen, vollzog sich an den Vormittagen. Nach dem Üben der Taikyoku am Donnerstag war die Haupt-Kata der nächsten Tage für einen Teil der Gruppe Heian Sandan; der Rest hatte die Gelegenheit Gankaku zu lernen. Danach ging es ans Verbessern der Körperstruktur mithilfe von aufeinander aufbauenden Partnerübungen. Das Niveau steigerte sich sowohl innerhalb einer Einheit als auch über den Zeitraum bis Sonntag, beginnend mit ,,leichten“ Maai-Übungen und abgeschlossen mit komplexeren Tsuki-Uke-Übungen unter Beachtung aller vorher gelernten Dinge.

 

Der Schwerpunkt des Trainings bestand in diesem Jahr im Vertiefen des „Stufe 1“-Gefühls. So wurde also die „Stufe 1“ aus einem anderen Blickwinkel und mit neuen Übungen betrachtet. Zum Ende der Einheit waren die Übungen so gestaltet, dass ein Partner in der Lage war, einen Tsuki-Ausführenden mit Timing und unter Beachtung aller gelernten Punkte anzunehmen, wahlweise mit dem Einsatz für unsere Art von Karate spezieller Muskeln. Der Angreifer konnte seine Struktur während jeder Übung ebenfalls überprüfen und verbessern.

Am Nachmittag fanden an jedem der vier Tage eigenständige Themen Bedeutung. Griffe (Gyaku-Waza bzw. Tori-Te) waren der Schwerpunkt am Donnerstag. Für das Kennenlernen und Üben einer Handvoll sehr komplexer Anwendungen zum kontrollierten Greifen und Hebeln reichten die drei Stunden Trainingszeit gerade so aus. Einblicke u. a. in den Umgang mit dem Hanbō (halben Stock) konnten den Übenden am Freitag gewährt werden.

 

Am Samstag widmete man sich den Sai. Kenner unserer Kata mit Sai übten diese, während jene, denen diese Schlag- bzw. Wuchtwaffe neu war, an den Gebrauch  gewöhnt wurden. Gemeinsam führte man Anwendungen mit dem Partner durch. Abgeschlossen wurde das Gasshuku am Sonntagnachmittag mit Verfeinern der -Kenntnisse mithilfe der Kata Shūji no Kon sowie Kumibō und Bō-Dori. Beim Vollführen der Kata zeigte sich erneut, was für eine große Hilfe der Stock im Shōtōkan zur Verbesserung der eigenen Körperstruktur ist; die erlernten Körpermechaniken der Vormittage konnten versucht werden, umzusetzen.

Die Vorträge an jedem Abend hatten allesamt kampfkünstlerischen Inhalt. Übersetzungen der Zwanzig Paragraphen für den Weg des Karate von Gichin Funakoshi am Donnerstag markierte das erste abendliche Bildungspaket. Es war (und ist) erstaunlich, wie eine wortgetreue Übersetzung sich auf die Vorstellung über Karate generell auswirken kann. Blumige oder schlecht übersetzte Versionen erwecken für die meisten Menschen den Eindruck, dass die Paragraphen Bezug zu Philosophie, Moral, Spiritualität und Gesellschaft entwickeln. Und so tragen sie zum verfälschten Bild des Karate bei. Tatsächlich aber sticht ein ganz anderer Bezug heraus – die Verbindung zur Kampfkunst, Taktik, Technik und Methodik. Das sollte nicht unerwähnt bleiben!

,,Technische Bezeichnungen im Shōtōkan-Ryū“ war das Vortragsthema des zweiten Abends. Neben den Bezeichnungen an sich wurde auf einige wichtige Punkte hingewiesen. Aufgrund von Privattraining und fehlenden Überlieferungsschriften gab es ursprünglich kaum technische Bezeichnungen; die JKA arbeitete jedoch eine besonders ausführliche Nomenklatur aus. Für dieselbe Technik existieren je nach Gruppe unterschiedliche Namen, wiederum gibt es gleiche Namen für unterschiedliche Techniken. Generell ist aber weniger wichtig den Techniknamen zu kennen als vielmehr die Bewegung an sich zu beherrschen.

 

Eine Gesprächsrunde über Kampfkünste mit Schwerpunkt in Japan, Korea und China bereicherte den Samstagabend. Sogenannte alte Kampfkünste mit Familientradition wurden ebenso aufgezählt wie nicht authentische, unechte. Koreanische Äquivalente zu japanischen Künsten, die sich aufgrund der Japanisch-Koreanischen Geschichte im 20. Jahrhundert eingebürgert haben (Taekwondo, Hapkido, Yudo) und chinesische Volks- und Militärkampfkunst waren weitere Punkte.

Abseits des Trainings hielten das Wasser des Werbellinsees, Volleyball-Action, Power-Naps und das Suchen nach Terrazzoböden die Motivation der Mitglieder auf höchstem Niveau. Ein jeder trat den Heimweg mit einem Gefühl von Wehmut und der Gewissheit an, sehr viele Fortschritte gemacht zu haben; Anreize für das individuelle Training konnten sich ebenfalls in großem Maße geholt werden.

Ein großer Dank geht an die Fahrer, an jeden Trainingspartner und nicht zuletzt an den Ersteller des großartigen Trainingsplanes. Bleibt alle am Ball! (Rico)


Shōtōkan-Stockkampf mit Henning Wittwer 2016 in Niesky

Der 1. Nieskyer Karateverein „Nippon Niesky“ hielt am ersten Märzwochenende, dem 5. und 6. März 2016, seinen alljährlichen Stockkampflehrgang ab.

Samstag, den 5. März, trafen sich zehn Karateka, um gemeinsam mit dem Stock zu üben. Zunächst begann die Gruppe, deren Mitglieder aus Niesky, Leipzig, Dessau, Freiberg und Duisburg kamen, mit einigen Aufwärmübungen, bei denen man den Stock entweder geschickt herumwirbeln oder sich mit ihm dehnen sollte.

Nach ca. fünfzehn Minuten Aufwärmung begann die Gruppe unter Leitung von Henning Wittwer eine Soloform (jap. Kata) mit dem Stock einzuüben, die den Namen Shūji no Kon trägt. Für einige der Teilnehmer war es die erste Begegnung mit dem Kampfstock und es brauchte einige Versuche, bis die Hand- und Beinbewegungen behänder wurden. Der Trainingsgeist aber war stark und alle Teilnehmer versuchten zusammen die Bewegungen zu verinnerlichen.

Neben den praktischen Erklärungen gab es auch einige theoretische Punkte zu bemerken. Woher stammte die Form, die trainiert wurde? Was sind die Übertragungslinien solcher Formen und wie passen Stockkampf und Karate („leere Hände“) eigentlich zusammen? Die südlichsten Inseln des japanischen Archipels machen die Okinawa-Inseln aus, woher Karate stammt. Vor ca. hundert Jahren wurden damals Karate und Stockkampf zusammen mit einigen weiteren Waffenarten parallel geübt. Einige dieser Waffen, wie das Sai, wurden später auch durch Hollywood berühmt. Als Karate dann vor ca. neunzig Jahren auf den japanischen Hauptinseln eingeführt wurde, fand der Kampfstock als ein altbackenes Ding wenig Anklang und geriet für einige Jahre in Vergessenheit.

Nach einem anstrengenden Tag traf sich die Gruppe am Abend im Restaurant „Bei Sonntag’s“, um beim Essen das Gelernte noch weiter theoretisch zu vertiefen. 
Am Sonntag um 9:00 Uhr ging es so weiter, wie das Training am Samstag aufhörte. Die Soloform wurde wiederholt, Kampfanwendungen eingeübt und danach alles wieder von vorn.
 Auch dieses Jahr war der Lehrgang wieder ein Erfolg und alle freuen sich bereits auf das nächste Jahr. (Pierre)