Herbstlehrgang 2021 mit Gladys und Bernard Mathieu

Unsere französischen Gäste beehrten uns auch dieses Jahr wieder zu unserem jährlichen Herbstlehrgang in Niesky ... So etwas würde ich schreiben, hätte es nicht das Jahr 2020 mit all seinen coronabedingten Ausfällen gegeben. Nun, nachdem der Herbstlehrgang im Jahre 2020 leider ohne Gladys und Bernard Mathieu stattfinden musste, beehrten uns in diesem Jahr vom 17. bis 19. September 2021 unsere französischen Gäste endlich wieder zu vier intensiven Trainingseinheiten von Freitag bis Sonntag. So etwas würde ich schreiben, hätte nicht die erste Trainingseinheit am Freitagabend durch die Verspätung eines Fluges und dem damit verpassten Anschluss am Amsterdamer Flughafen ohne die Mathieus stattfinden müssen. Tatsächlich erreichte uns die Nachricht über die Verspätung nur ein paar Stunden vor Beginn des ersten Trainings. Nach Hennings leider umsonst getätigten Autofahrt nach Dresden und wieder zurück beschlossen wir, einen Trainingsausfall nicht zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. Also hatten wir ein erstes gemeinsames Keiko zwar ohne die Mathieus, aber dennoch sehr motiviert. Das ganze Wochenende konnte übrigens dank Hygienekonzept stattfinden.

Wir übten die Ten no Kata mit all ihren grundlegenden Bewegungen erst als Soloform, und später Ura  mit Partnern. Von den in der Kata vorkommenden Annahmen Gedan-Barai, Ude-Uke, Shutō-Uke, Shutō-Barai, Age-Uke und Uchi-Komi konnten wir danach jeweils unsere Auswahl treffen und in verschiedenen Abstands- und Timingübungen mit dem Partner üben, der natürlich auch als angreifender Part die Stöße (Tsuki) verbesserte. Jeder von uns hatte so die Gelegenheit an der korrekten Ausführung dieser zwar grundlegenden, aber wichtigsten Bewegungen zu feilen. Nach dieser ersten improvisierten Freitagseinheit ließen wir uns „Bei Sonntags“ nieder und aßen gemeinsam zu Abend, bevor André und Henning sich zu nachtschlafender Stunde erneut auf den Weg zum Dresdner Flughafen machten, um unsere Gäste endlich symbolisch in die Arme schließen zu können. Es war nach Mitternacht, als die Mathieus schließlich in ihren Hotelzimmern ankamen, und dennoch konnte unsere erste gemeinsame Trainingseinheit am Sonnabend um 10:00 Uhr morgens mit prächtig gelaunten Gästen stattfinden.

Wir schienen beim Training am Vortag einen guten Riecher gehabt zu haben, denn Gladys und Bernard begannen mit uns gemeinsam damit, an den grundlegenden Annahmen wie Gedan-Barai und Ude-Uke zu arbeiten. Die Übungen dazu waren sehr vielfältig, hin und wieder sollten wir das Körpergefühl und die Art uns zu bewegen ohne einen helfenden Partner herstellen, noch häufiger führten wir allerdings Partnerübungen durch. Es gab statischere Übungen, die uns halfen die Körperstruktur zu entwickeln und es gab dynamischere Übungen für das Gefühl von richtigem Timing und korrekt gewählter Annahmeabstände der gegnerischen Angriffe. Wir bewegten uns viel mobil im Fudō-Dachi und konnten so auch an unseren Ständen arbeiten. Denn für eine wirksame Technik sind Armbewegungen nur der Nebenteil. Der ganze Körper ist unter dem Einsatz der richtigen Muskelketten an einer effektiv ausgeführten Bewegung beteiligt.

Das Niveau der Übungen steigerte sich im Verlaufe unserer gemeinsamen Trainingseinheiten am Sonnabendnachmittag und Sonntagmorgen. Als eine Aufwärmung zu Beginn und als ein Abklingen am Ende einer Trainingseinheit vollführen die Mathieus gemeinsam gern Kata mit uns. Beiden erschien die Kata Bassai an diesem Wochenende als sehr geeignet. Und das war sie auch. Sehr positiv hat mich überrascht, dass wir die fehlende gemeinsame Freitagszeit durch einige Extraminuten nach Ablauf des eigentlichen Trainings etwas aufzuholen versuchten und ausnahmslos jeder seine motivierte Einstellung beibehielt.

Gladys und Bernard erzählten uns, dass es für sie nach anderthalb Jahren ausfallender Karate-Veranstaltungen bei uns nun endlich wieder die Gelegenheit für einen Lehrgang gab, und dass sie dank der Zeit mit uns auch an sich selbst gut arbeiten konnten. Und diese Art positives Gefühl strahlten sie für mich auch zu jeder Zeit aus. Wie in jedem Jahr organisierten wir ein gemeinsames Grillen zur sonnabendlichen Mittagsstunde. Dieses führte zwar ungewollt zu einem Kampf mit der Glut in unserem Grill, aber wir werden für das nächste Jahr dafür umso besser gewappnet sein. Und fast schon traditionell kehrten wir am Sonnabendabend in Görlitz beim „Inder“ ein und ließen uns die für uns zubereiteten Speisen und Getränke schmecken.

Sonntagmittag war es schließlich Zeit sich nach einem zwar verkürzten, aber dennoch sehr motivierenden Lehrgang zumindest für dieses Jahr Auf Wiedersehen zu sagen. Im nächsten Jahr aber möchten wir Gladys und Bernard unbedingt wieder bei uns begrüßen. Ein großes Dankeschön geht an die Fahrer, Einkäufer, Kuchenbäcker, Aufräumer, an alle motivierten Nippon-Nieskyer und natürlich auch an Gladys und Bernard für einen gelungenen Herbstlehrgang 2021. (Rico)


Feste Größe im Vereinsleben: Unser diesjähriges Gasshuku

Über ein Jahr wird unser Vereinsleben nun schon von der Pandemie bestimmt, die unser Training in den letzten Monaten stark eingeschränkt hat. Umso erfreulicher ist es, dass wir in diesem Sommer unser zweites Gasshuku unter besonderen Hygieneauflagen und unser achtzehntes Gasshuku überhaupt am Werbellinsee durchführen konnten.

Am Donnerstag, den 05. August 2021, machten sich sechs Karateka (geimpft, genesen, getestet) noch vor Sonnenaufgang auf den Weg, um wieder einmal vier gemeinsame Tage voll gefüllt mit Übungen und Wissenswertem rund um Karate zu erleben. Angekommen am Werbellinsee konnten wir uns beim Frühstück stärken, bevor es zum ersten Training ging.

Dass uns erneut keine Matten fürs Training zur Verfügung stehen würden, hatten wir im Vorfeld bereits erfahren. So mussten wir uns mit den selbst mitgebrachten Isomatten begnügen und auf das Durchführen von Würfen verzichten.


In den Vormittagseinheiten beschäftigten wir uns mit den technischen Grundlagen unseres Karate („Stufe 1“ und „Stufe2“). Mithilfe u. a. von entspannten Schultern haben wir die Wirkungsweise unserer Muskeln erforscht. In schrittweise aufeinander aufbauenden Übungen hatte jeder Karateka Zeit, die elementaren Prinzipien zu vertiefen, die dennoch keineswegs einfach umzusetzen sind. Zu den grundlegenden Übungen unseres Karate gehört auch die Kata Taikyoku, die wir am ersten Vormittag gemeinsam trainierten. An den kommenden Vormittagen folgten die Kata Heian Yondan und Heian Godan. Für die Fortgeschrittenen stand das Erlernen der Kata Hakkō auf dem Plan.


In der Mittagspause knüpften wir an die Tradition der vergangenen Jahre an und stürzten uns in das diesmal wirklich sehr kühle Nass des Werbellinsees. Wem das noch nicht reichte, der konnte 6:00 Uhr in der Früh testen, wie sich das morgendliche Baden im See anfühlt.


In den Nachmittagseinheiten hatten wir wie immer Zeit, über den Tellerrand zu schauen und u. a. Übungen aus anderen Kampfkünsten zu probieren, wofür sonst im Training wenig Zeit bleibt. Besonders interessant waren für mich die Partnerübungen mit Holzsäbel (Bokutō) und Langstock () sowie der Gebrauch von Alltagswaffen, die man des Öfteren mit sich führt oder griffbereit hat, aber in der Regel nicht explizit als solche erachtet (z. B. Jacke oder Handtuch). Neben der Benutzung dieser Waffen ging es hauptsächlich darum, das Bewusstsein für gefährliche Situationen zu schärfen (Zenshin).

Zuvor hatten wir in unserem ersten Abend-Vortrag gehört, wie man gefährliche Personen und Situationen erkennt und einordnet. Dies stellt ein sehr schönes Beispiel für die Verknüpfung von theoretischem und praktischem Wissen in unserem Training und speziell bei diesem Gasshuku dar. Weitere Themen waren die Erzählungen im Karate als Teil der kampfkünstlerischen Kultur Ryūkyūs und die Geschichte und Traditionen des japanischen Ringens (Sumō).

Mit vielen Eindrücken und Anregungen für das weitere Training ging es am Sonntagabend zurück in die Heimat. An dieser Stelle möchte ich vor allem Henning und André für alle Vorbereitungen im Vorfeld und die reibungslose Durchführung des Gasshuku vor Ort herzlich danken. (Antje)