Unser Gasshuku 2020 am Werbellinsee

Ein Gasshuku durchzuführen ist in diesem Jahr im Schatten der Corona-Pandemie sicher keine Selbstverständlichkeit und erfordert trotz rückläufiger Infektionszahlen in den Sommermonaten eine genaue Beobachtung der gegenwärtigen Situation. Als man das Abhalten von Trainingslagern schließlich behördlich genehmigte, konnten wir Überlegungen starten, ein solches Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ausgestattet mit sorgfältig ausgearbeitetem Hygienekonzept, das neben Abstandsgebot, Mund-Nase-Bedeckungen sowie erweiterter Handhygiene auch das Vermeiden von größeren Menschenansammlungen eines jeden Teilnehmers zwei Wochen vor dem Ereignis vorsah, ermöglichte unser Verein schließlich eine Durchführung. Nicht zuletzt war auch eine Anpassung des Trainingsplanes hinsichtlich Kontaktminimierung, Verringerung von Partnerwechseln, größerer Abstände bei Übungen bis hin zur Kata-Wahl nötig. Über sämtliche Auflagen war jeder der insgesamt acht Teilnehmer im Bilde und verhielt sich vor Ort auch dementsprechend.

Vom 6. bis zum 9. August 2020, also von Donnerstag bis Sonntag, fand so das mittlerweile siebzehnte „gemeinsame Logieren“ statt. Die Wahl fiel erneut auf die EJB am Werbellinsee, deren weitläufiges Gelände zusätzlich eine Erhöhung des Abstandes zu anderen Gruppen gewährleistete. Die frühmorgendliche Anreise gut überstanden und mit reichlich Frühstücksenergie versorgt, war es dann um 8:30 Uhr endlich Zeit für das erste gemeinsame Keiko im gut von uns durchlüfteten und vertrauten Gymnastikraum. Auf Matten mussten wir auch in diesem Jahr wieder verzichten, dafür waren Seife und Desinfektionsmittel ausreichend vorhanden.

Die erste und auch die drei folgenden aufeinander aufbauenden Vormittagseinheiten mit jeweils drei Übungsstunden dienten dem Feilen an und Verbessern der Körperstruktur sowie dem Gebrauch der richtigen Muskelketten für wirksame Techniken. Für den Anfang bedeutete dies das Üben der grundlegenden Ten no Kata, mit deren Hilfe die für uns wichtigen Punkte wie Entspannung, korrekte Schrittausführung und aufrechte Körperhaltung reaktiviert wurden. An den folgenden zwei Tagen beschäftigten sich eine Hälfte der Teilnehmer mit Heian Sandan sowie Heian Yondan, die andere Hälfte führte Bassai aus. Am Sonntag zu Beginn der Vormittags- und Nachmittagseinheit durfte sich jeder eine waffenlose Kata seiner Wahl aussuchen und üben.

Einen beträchtlichen Teil des Vormittagstrainings nahmen Übungen unter Anwendung des Aori-Geri ein. Dieser Tritt wurde wohl von Meister Yoshitaka Funakoshi (1906–1945) aus dem Mikazuki-Geri (Dreitagemond-Tritt) entwickelt und kann in etwa mit „Fächertritt“ oder „Windstoßtritt“ übersetzt werden. Diese beiden Bedeutungen beziehen sich dabei auf die äußere Form. Der Start erfolgt unter Nutzung der Beine und der Hüfte als Einheit, nicht getrennt voneinander. Das anfangs stark angewinkelte Trittbein wird beim Trittvorgang schließlich gestreckt.

Die Verbesserung des Tsuki (Stoßens) hinsichtlich Ausführung und Qualität war ein weiterer Punkt, an dem wir vormittags arbeiteten. Verschiedene Druckübungen zielten darauf ab, mit dem richtigen Einsatz der entsprechenden Muskeln ein ausnahmslos maximales „Vor-Vor-Vor-Gefühl“ beim Stoß zu erzeugen. Die Zughand ist dabei als Gegenpol genauso wichtig wie die Tsuki-Hand. Zu vermeiden ist ein Stoßen aus den Schultern heraus, da die Arme so vom Körper getrennt sind und keine große Einschlagwirkung zu erwarten ist.

Noch vor dem Frühstück ging es am Freitag, Sonnabend und Sonntag pünktlich um 6:00 Uhr raus an den See für Übungen zur Körperstruktur und Konzentrationsfähigkeit mit dem Holzsäbel (Bokutō). Jeder wollte ein Stück des noch jungen und milden Tages abhaben, vor allem wenn im Sommer 2020 Deutschland mit die einzige Alternative für Urlaubsreisen ist. Für uns bedeutete das zu versuchen, Yogagruppen, joggenden Menschen und beim Blick aufs Wasser den Dutzenden von anlegenden Booten nicht unbedingt große Beachtung zu schenken. Zwischen den Vormittags- und Nachmittagseinheiten hielten uns Mittagsspeisen, Spiel und Spaß mit dem Volleyball und ergiebige Abkühlung im Werbellinsee bei Lufttemperaturen um 35 °C im Schatten bei bester Verfassung. Am Donnerstag gingen wir in der Pause auf den wichtigen Punkt des Zenshin („vorheriges Herz“) ein und warum es gut ist, mit Weitsicht und stets genauer Betrachtung der Umgebung durch die Gegend zu schreiten.

Eine von Meister Ankō Asatos (1828–1906) Lehren lautet, dass ein guter Kampfkünstler auch aus verschiedenen anderen Richtungen lernen sollte und mit diesem neuen Wissen das eigene Training bereichern kann. Aus diesem Grunde sind den dreistündigen Nachmittagseinheiten stets verschiedenste Themen gewidmet. Den Sonntag ausgenommen ist es also beim Gasshuku traditionell Zeit für drei Themenbereiche. Dieses Jahr gab es am Donnerstag Einblicke in die Prinzipien des Tori-Te (greifende Hände). So gewöhnungsbedürftig es auch sein mag, Dreh- und Kraftpunkte in diesem Jahr eher bei sich selbst zu ertasten, ergaben sich zum Glück auch Gelegenheiten sie am Partner zu studieren. Der Freitagnachmittag stand unter dem Stern des Holzsäbels. Der Samstagnachmittag stand im Zeichen der unbewaffneten Verteidigung gegen Säbel- und Stockangriffe. Dabei wendeten wir die sogenannten Tachi-Dori und Bō-Dori der Marke Gichin Funakoshi an. Der Sonntag schließlich gehörte zum allergrößten Teil der Übung mit dem Stock (). Den Abschluss unseres Gasshuku 2020 bildete somit die Kata Shūji no Kon und das Kumibō.

Nach jeder Abendmahlzeit war es meist gegen 19:30 Uhr Zeit für geistigen Input, wie üblich in Form von zwei Vorträgen und einer Gesprächsrunde. Donnerstag gingen wir auf das Thema der Notwehr aus rechtlicher Sicht ein und bekamen die medizinische Wirkung von Techniken auf den menschlichen Körper erläutert. Freitag widmeten wir uns dem Budō-Begriff in der Matsumura-Asato-Funakoshi-Linie. In der Gesprächsrunde am Sonnabend stellten wir Karate als kommerzielle Dienstleistung der Ausübung als unbezahlte Tätigkeit gegenüber und besprachen Vor- und Nachteile. Unser 25-Jahre Jubiläumsbuch war an den gemeinsamen Abenden ebenso begehrt wie selbstgebackene Kekse und gesunde Nussmischungen.

Und so endete nach vier gemeinsamen Tagen das diesjährige Gasshuku. Dass wir trotz der ungewöhnlichen Umstände erfolgreich trainieren konnten und jeder von uns auch in den Wochen danach gesund blieb, können wir der ganz besonders für dieses Jahr ausgeklügelten Planung verdanken. Danke für die Erstellung des angepassten Trainingsablaufes und Hygienekonzeptes, danke an die Organisation, danke an beide Fahrer und danke an alle gestandenen sowie neuen Teilnehme! (Rico)


Unser Shōtōkan-Stock-Lehrgang mit Henning Wittwer 2020

Der diesjährige Stocklehrgang am 7. und 8. März 2020 fand nicht nur in unser gewohnten Halle statt, sondern auch zum Teil in der Rosenhalle in Niesky. Trotzdem haben wir fokussiert trainiert und das Ziel des Vertiefens unser Techniken verfolgt.  Wie auch die Jahre davor, begann es mit dem Herrichten der Halle. Die besonders fleißigen Helfer haben zunächst den Boden gekehrt und den Rest vorbereitet.

 

Das Training startete dann planmäßig um 9:00 Uhr mit der Erwärmung. Diese war besonders wichtig, da die Halle nicht ausreichend geheizt war. Nach der Erwärmung, die sowohl mit als auch ohne erfolgte, lernten bzw. festigten wir die Kata Shūji no Kon. Dazu trainierten wir die Kata an sich, sowie einzelne Elemente der Kata als Partnerübungen, um diese im Bewegungsablauf weiter zu festigen. Das Training der Gruppe A endete um 10:30 Uhr, danach trainierte die Gruppe B weiter die Kata Matsukaze no Kon.  Die Gruppe B beendete ihr Training um 12:00 Uhr, als Mittag diente Asiatisches Essen von einem Wagen in der Nähe der Halle.

Am Nachmittag trafen sich alle zum gemeinsamen üben. Innerhalb der Trainings brachte uns Henning auch die Theorie und Geschichte des Stocks im Shōtōkan nah. Am Samstagabend trafen sich die Teilnehmer zu einem gemeinsamen Essen in der Pizzeria am Zinzendorfplatz.

 

Tag 2 des Trainingswochenendes startete ebenfalls um 9:00 Uhr, diesmal trainierten wieder alle zusammen und festigten die am Vortag erlernten Kata in unserer bekannten Turnhalle. Besonders gut war die individuelle Betreuung und Anpassung des Trainings für jeden Teilnehmer. Wahrscheinlich auch deswegen konnten wir uns dieses Jahr wieder über Gäste von außerhalb freuen, sowohl bekannte Gesichter, die schon letztes Mal dabei waren, als auch neue Gesichter. Nach dem Sonntagstraining posierten alle noch für ein Gruppenfoto und ein sehr lehrreiches Trainingswochenende ging zu Ende. (Christopher)